"Kalkuliertes Risiko"


LOKALAUSGABE / KLEVE


KIES / Flughafengegner wollen weitere Baggerseen in der Nähe des Airports verhindern. Sie befürchten Gefahr für Flugzeuge.

KEVELAER/WEEZE. Die Flughafengegner machen sich Sorgen um die Sicherheit des Flugverkehrs auf Laarbruch: Das hört sich zunächst etwas absurd an. Ahmet Siegel, der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft und seine Mitstreiter meinen es aber bitterernst. Sie befürchten, dass durch die zahlreichen Baggerlöcher im Umkreis des Flughafens das Risiko steigt, dass ein Vogel mit einer landenden Maschine kollidiert. Deswegen wollen sie jetzt gegen weitere geplante Abgrabungen - etwa Bleickshof bei Kervenheim - Widerspruch einlegen.

Brisantes Gutachten

Die Aktionsgemeinschaft lehne die Abgrabungen nicht grundsätzlich ab, teilt sie mit: Sie wolle aber "auf gar keinen Fall eine Erhöhung der Flugsicherheitsrelevanz durch Vogelschlag tolerieren", ohne von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht zu haben. Auf die Gefahr durch Vogelschlag habe man schon immer hingewiesen, sagt Ahmet Siegel und verweist auf ein Gutachten des Brüggener Experten Dr. Jochen Hild, der 1999 davon abgeraten hat, die Abgrabung Hüdderath zu genehmigen. "Viele Wasservögel wie z.B. Enten, Komoran, Möwen, Gänse usw. stellen nicht nur sehr schwere Vogelarten dar, sondern fliegen meist in Gesellschaft. Sie besitzen daher für die Luftfahrt große Flugsicherheitsrelevanz. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich diese Arten im Laufe der Zeit auf dem Kiessee einfinden werden", schrieb Hild damals.

Der Experte, der heute Ehrenvorsitzender des deutschen "Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr" ist, erinnert sich, dass seine Kritik seinerzeit von der Kreisverwaltung mit dem Hinweis abgetan wurde, dass ja noch gar nicht klar sei, ob auf Laarbruch ziviler Luftverkehr genehmigt werde. Hild verweist darauf, dass laut Bundesverkehrsministerium "60 Kilometer um einen Flughafen herum keine offenen Gewässer sein sollten". Nicht von ungefähr: Laut Hild kommt es jährlich im deutschen Luftraum zu 1500 Unfällen mit Vögeln, etwa die Hälfte davon bei Starts und Landungen.

Die Flughafengegner machen sich insbesondere Gedanken um die Wildgänse, die sich im Winter im Kreis Kleve niederlassen: "Vor wenigen Wochen konnte jedermann beobachten, wie die Wildgänse dieses neue Biotop (Hüdderath, die Red.) als ihren neuen Lebensraum angenommen haben." Und Hüdderath liege nun mal in der direkten Einflugschneise, warnen sie.

Wildgänse? Zu vernachlässigen, meint der Experte Hild. Als größte Gefahr für die Flugzeuge, die auf Laarbruch landen, macht er Möwen aus. Er sei schon öfter an der Abgrabung Hüdderath vorbeigefahren und habe dort teils hunderte von Möwen gesehen. Als fahrlässig will er es aber nicht bezeichnen, dass rund um den Flughafen Abgrabungsprojekte und damit Baggerseen entstanden sind. "Das nennt man wohl kalkuliertes Risiko", sagt er lakonisch.

Ahmet Siegel und seine Mitstreiter haben jetzt jedenfalls ihren Anwalt beauftragt, Akteneinsicht zu nehmen und die Gemeinde Weeze (dort gehts um die Projekte Vorselaer, Kalbeck und Kampheide), die Stadt Kevelaer, die Klever Kreisverwaltung und die Bezirksregierung in Arnsberg anzuschreiben. "Wir werden Widerspruch einlegen, wenn der Flugbetrieb in der bestehenden Form weitergeführt wird. Und notfalls wollen die Flughafengegner klagen.

JAN JESSEN