23. September 2007, 14:05 Uhr
Von Guido Hartmann
Airport Weeze

Aufstieg durch Billigflieger

Der Flughafen Weeze will mit Hilfe der irischen Ryanair massiv wachsen. Ab Oktober verdoppeln sich die Verbindungen. Dortmund verfolgt die gleiche Strategie mit Easyjet. Verlierer sind bislang die anderen Regionalflughäfen. Doch gegen den Airport sind Gerichtsverfahren um die Betriebsgenehmigung anhängig.
Auf dem Vorfeld des Flughafens Niederrhein in Weeze wird ein Flugzeug abgefertigt. Bis 2008/2009 sollen hier jährlich mehr als zwei Millionen Passagiere starten und landen
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Nicht einmal für die Bundeskanzlerin hat Ludger van Bebber einen roten Teppich auf Lager. „Wir sind ein Low-Cost-Airport“, sagt der Flughafenchef, als vergangenen Mittwoch Angela Merkel im niederrheinischen Weeze mit ihrem Jet einschwebt. Neben Merkel, die den CDU-Kreisparteitag ihres Generalsekretärs Ronald Pofalla besuchte, werden dieses Jahr 90.0000 Fluggäste in Weeze erwartet.
„Wir wollen die größte Arbeitsstätte im Kreis Kleve werden“, sagt van Bebber. Seit dem vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Beschäftigten von 250 auf 500 verdoppelt. Ein ganz wesentlicher Jobimpuls geht van Bebber zufolge von der irischen Billiglinie Ryanair aus, die im Juni zwei Maschinen in Weeze stationiert hat. Anfang Oktober kommen zwei weitere Maschinen hinzu, die Zahl der Ryanair-Verbindungen wird sich dann auf acht verdoppeln.
Für weitere Jobs setzt Geschäftsführer van Bebber auf eine rasante Zunahme bei den Passagierzahlen. „Bis 2010 sollen es jährlich mehr als 2,5 Millionen sein“, sagt der 44-jährige Wirtschaftsingenieur.
Damit würde Weeze eine Größenordnung wie Dortmund erreichen, wo der Flughafen durch Ansiedlung des britischen Billigfliegers Easyjet ein rasantes Wachstum eingeleitet hat. Easyjet nahm zunächst drei Maschinen in Dortmund in Betrieb und hat dort mittlerweile vier Flieger stationiert. Gerade haben die Briten ihren dreimillionsten Passagier begrüßt. „Wir haben unser Einzugsgebiet deutlich erweitert und mittlerweile auch jährlich 100.000 Fluggäste aus Holland“, sagt Flughafen-Sprecher Oliver Kurtz. Und Germanwings, der Billigableger der Lufthansa, will im Oktober eine zweite Maschine in Dortmund stationieren.
Zu leiden unter den neuen Anbietern haben vor allem Air Berlin und auch die LTU, die mittlerweile zusammen gehören. Mit den Preisen von Ryanair und Easyjet, die im Vergleich über eine wesentlich günstigere Kostenstruktur verfügen, kann die Air-Berlin-Gruppe nicht konkurrieren. Eine Billiglinie sei Air Berlin schon lange nicht mehr, sagt van Bebber. „Wenn Air Berlin hier aber morgen vier Jets hinstellen will – gerne.“

Standort für Mallorca

Doch Ryanair bedient ab Weeze bereits die „Butter-und-Brot-Strecke“ der Air Berlin nach Mallorca. Daneben sind Barcelona, Alicante, Venedig, Rom und Sardinien mit im Angebot. Und ab Oktober kommen die spanischen Ziele Malaga, Valencia, Sevilla und Fuerteventura hinzu, die größtenteils auch von Air Berlin und LTU bedient werden.
Bei den oft wesentlich günstigeren Angeboten bei Ryanair setzt van Bebber darauf, dass viele Urlauber auch eine längere Anreise nach Weeze in Kauf nehmen. Etwa zehn Millionen Menschen könnten den Niederrhein-Flughafen innerhalb einer Autostunde erreichen. Davon 6,3 Millionen Deutsche und 3,9 Millionen Niederländer.
Beim Düsseldorfer Flughafen gibt man sich angesichts der Ausbaupläne in Weeze gelassen. „Wir sehen das eher als Kampfansage in Richtung Dortmund und auch Köln“, sagt Flughafen-Sprecher Torsten Hiermann. Die direkte Konkurrenz zu Ryanair sei eben Easyjet oder auch Germanwings, die als Low-Cost-Tochter der Lufthansa in Köln ihren Hauptsitz hat.
Die Klientel in Düsseldorf bestehe viel weniger aus Reisenden, die für einen billigeren Flug eine längere Anreise in Kauf nähmen.

Köln reagiert gereizt

Dass die Düsseldorfer aber doch nicht ganz so gelassen auf den neuen Mitbewerber reagieren, zeigte sich in einem Rechtsstreit mit dem Weezer Flughafen. Mit juristischer Hilfe ließen sie untersagen, dass sich der 80 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt gelegene Flughafen „Weeze/Düsseldorf“ nennt. Bei der Ryanair hat man hier offenbar noch keine Handhabe. Die Iren schreiben in ihren Flugplänen immer noch „Düsseldorf (Weeze)“.
Vertreter der etablierten Flughäfen und Fluggesellschaften kritisieren auch gerne, dass Weeze und vor allem Dortmund mit Unterstützung der öffentlichen Hand arbeiteten. Für Weeze weist dies Geschäftsführer van Bebber zurück. „Wir sind der am niedrigsten subventionierte Airport im Land.“ Die Kommune und der Kreis Kleve hielten weniger als ein Prozent an der Flughafengesellschaft, 99 Prozent gehörten einem niederländischen Investor. Der Kreis habe lediglich ein Darlehen über 26 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Anders sieht es schon in Dortmund aus. Dort wird der Flughafen durch die Stadt und die Stadtwerke subventioniert – beide halten zusammen 100 Prozent der Anteile.
Im vergangen Jahr machte der Flughafen einen Verlust von 21,9 Millionen Euro. Grund sind jedoch laut Verwaltung vor allem die Zins- und Tilgungszahlungen für das Gebäude und die umliegende Infrastruktur wie Vorfeld und Startbahn, die etwa 200 Millionen Euro gekostet hat. „Für uns ist es zunächst wichtig, operativ in die schwarzen Zahlen zu kommen“, sagt Flughafensprecher Kurtz.

Paderborn unter Druck

Beim Flughafen Paderborn spürt man bereits die Billigkonkurrenz aus Dortmund. Gegenüber 2005 musste der Flughafen, auf dem Air Berlin – wie auch in Münster/Osnabrück – Platzhirsch ist, einen Passagierrückgang von drei Prozent verbuchen. Und für dieses Jahr rechnet Geschäftsführer Fritz Henze mit einem erneuten Rückgang in ähnlicher Höhe. „Der Passagier fährt eben heute vielfach dahin, wo es am billigsten ist“, klagt Henze.
Während der Flughafen Dortmund dauerhaft gesichert ist, sind gegen Weeze noch Gerichtsverfahren um die Betriebsgenehmigung für den ehemaligen britischen Militärflughafen anhängig. Geklagt hatten eine niederländische Gemeinde und mehrere Privatpersonen.
Doch bis zu einer endgültigen Entscheidung dürften noch Jahre ins Land gehen. Und einige Millionen Passagiere von dem kleinen Niederrhein-Flughafen in den günstigen Urlaub abheben.
Weitere Informationen zu Weeze: www.airport-weeze.de