Hart gelandet

05.10.2007 / Lokalausgabe /

GABY BOCH

KREIS KLEVE. Sein Vermögen wurde einst auf 125 Millionen Euro beziffert. Er galt als einer der reichsten Männer der Niederlande. Als solcher investierte Multimillionär Erik de Vlieger über sein Firmenimperium Imca-Group - unter anderem in den Flughafen Niederrhein. Bis er in das Fadenkreuz juristischer Ermittlungen geriet. Und zwar in den Niederlanden und in Frankreich. Dort wurde er jetzt von einem französischen Gericht wegen Veruntreuung verurteilt und zwar zu einem Jahr Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 60 000 Euro.

Ergebnis eines langwierigen Ermittlungsverfahrens, über das die NRZ 2003 berichtete. Damals war Erik de Vlieger bereits in die Schlagzeilen französischer Medien geraten. Grund: Ende 2002 wollte er die angeschlagene Fluggesellschaft Air Lib kaufen und sanieren. Nach monatelangen Verhandlungen zog er sein Angebot zurück. Die Airline ging in Konkurs - 3200 Mitarbeiter wurden arbeitslos.

Mysteriöse

Begleitumstände

Daraufhin wurde in Frankreich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss installiert, der sich mit den mysteriösen Begleitumständen beschäftigte. Einer der Gründe: Sieben Air-Lib-Flugzeuge verschwanden im Laufe des Konkursverfahrens - de Vlieger soll Zugriff darauf gehabt haben. Fünf Maschinen wurden später gefunden - davon zwei auf Kuba.

Das Pikante daran: Für die Bezirksregierung Düsseldorf ist Erik de Vlieger bis heute einer der Investoren des Flughafens Niederrhein. Ob er es bleibt, will die Behörde jetzt prüfen. Bis gestern betonte sie gebetsmühlenartig, was im Rahmen der Erteilung der luftrechtlichen Genehmigung für den Airport Niederrhein einst festgelegt wurde: 30 Prozent gehören Hans van de Lande, 30 Prozent Herman Buurman, 40 Prozent sind im Besitz des niederländischen Konzerns Imca. Dessen Ex-Eigentümer Erik de Vlieger - der sich 2005 aus all seinen Geschäften zurückzog - hatte der NRZ gegenüber schriftlich erklärt, er habe seine Anteile an Herman Buurman verkauft. Jenen Niederländer, der einst als Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens in einem NRZ-Gespräch einräumte, in Notsituationen seien er und de Vlieger finanziell eingesprungen - fünf- bis sechsmal pro Jahr. Seit geraumer Zeit behauptet Herman Buurman dagegen, 99,9 Prozent der Anteile am Flughafen zu besitzen.

Trotz angeblich ständiger Verluste des Flughafens will sich Buurman inzwischen dem Kreis Kleve nicht mehr beugen. Will heißen: Er pokert und lehnt einen vom Kreistag beschlossenen Verkauf von mindestens 49 Prozent der Anteile am Flughafen an den Kreis Kleve seit Monaten ab.

Die Schlagzeilen rund um die Ex-Investoren des Flughafens reißen damit nicht ab. Mit im Boot war bekanntlich in der Anfangsphase 1999 die Firma Convoy Vastgoed des Amsterdamer Immobilienhändlers Willem Endstra. Ihm wurde vorgehalten, Drogengelder in großem Stil gewaschen zu haben. Nach einem Exklusiv-Bericht in der NRZ trennte sich der damalige Hauptinvestor und Geschäftsführer Hans van de Lande auf Druck der Behörden im Januar 2002 von Endstra als Geschäftspartner. Zwei Jahre später wurde Willem Endstra vor seinem Büro in Amsterdam erschossen.

"Eine Exekution, ein Auftragsmord" - wie niederländische Medien im Rahmen des Gerichtsprozesses berichten. Auftraggeber soll Willem Holleeder gewesen sein, im Amsterdamer Verbrechermilieu "die Nase" genannt. Zu zweifelhafter Berühmtheit gelangte er als Entführer des Amsterdamer Biermilliardärs Freddy Heineken in den 80er-Jahren Die Familie zahlte damals 17 Millionen Euro Lösegeld. Holeeder und seine Komplizen wurden geschnappt und verurteilt. Nach der Haftstrafe soll er in den 90er-Jahren wieder zum Mafiaboss aufgestiegen sein.

Inzwischen stehen Holleeder und weitere neun Angeklagte in den Niederlanden vor Gericht. Seit Anfang des Jahres läuft der Prozeß, der in denNiederlanden als Jahrhundertverfahren gilt. Immer wieder spielt bei den Verhandlungen der Name Willem Endstra und seine Verbindung zum Flughafen Niederrhein eine Rolle. Zeugen sollen von Zahlungen auf das Flughafenkonto selbst nach dem Tod von Endstra berichtet haben.