Die längste Zeit still gestanden
11.10.2007 / Lokalausgabe /

Hier gibt es noch viel zu tun: die Reichswaldkaserne in Goch. (Foto: Thomas Momsen)

ANDREAS GEBBINK

MARKUS PETERS

AM NIEDERRHEIN. Eigentlich liegt das Grundstück genial: 32 Hektar, nah am Wald, Autobahnanschluss in der Nähe, eine Bundesstraße führt vorbei. Die ehemalige Moritz-von-Nassau-Kaserne in Emmerich sollte sich spielend vermarkten lassen. Aber: So leicht geht's nun auch nicht. Seit drei Jahren überlegt man, was nach dem Abzug des Pionierbatallions im Juli 2008 mit dem Grundstück geschehen soll. Eine große Aufgabe. Mit der Umnutzung von ehemaligen Militärgeländen tut man sich nicht nur dort schwer. Auch in Goch, Xanten, Weeze, Wesel und Duisburg gilt es, üppige Militärgelände zivil zu nutzen. Wie ist die Situation am Niederrhein? Ein Überblick.

EMMERICH
Das 32 Hektar große Kasernengelände gehört dem Bund und wird von der Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (kurz gebb) und der Stadt vermarktet. Bürgermeister Johannes Diks: "Für das Gelände hat es bereits mehrere Anfragen gegeben. Vor allem die Gewerbeflächen sind interessant. Aber wir möchten natürlich nicht, dass nur die Rosinen herausgepickt werden." Bislang wünscht sich die Stadt eine Aufteilung des Geländes in Gewerbe, Freizeit und Wohnen. Aber es könnte auch ganz anders kommen: Diks bestätigt, dass sich auf der Messe "Expo Real" ein Interessent für das gesamte Gelände gemeldet hat. Weitere Details möchte er nicht nennen. Die Gebäude auf dem Gelände könne man zum Teil nutzen. Der Bund hat zuletzt noch vier Millionen Euro investiert, so Diks. Neben der Nassaukaserne gibt es in Dornick noch ein 19 Hektar großes Hafengelände, das eventuell vom Yachtclub bezogen werden könnte.

GOCH
In Goch diskutiert man seit langem über die Reichswaldkaserne. Die Stadt hat das 27 Hektar große Gelände im August von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gekauft: Ein Schnäppchen für 500 000 Euro. Geht es nach Bürgermeister Heinz Otto wird zwischen Goch und Pfalzdorf ein neuer Stadtteil entstehen, eine Mischform aus Wohnen und Gewerbe. So soll in der ehemaligen Kaserne bis 2009 u.a. die Internationale Schule Platz haben. Auch das Jugendheim wird umziehen.

WEEZE
Wenig konkret sind die Planungen rund um den 620 Hektar großen ehemaligen britischen Militärflughafen Weeze. Ob Start- und Landebahnen weiter genutzt werden dürfen, entscheidet im kommenden Jahr das Bundesverwaltungsgericht. Neuerdings will eine niederländische Gruppe auf einem Nachbargelände einen Freizeitpark errichten. Allerdings fehlt ein Investor. Auch von der geplanten "Airport City Weeze" ist nicht viel zu sehen. "Das kann erst etwas geben, wenn das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommt", sagt Flughafen-Geschäftsführer Ludger van Bebber.


XANTEN
Landwirtschaftlich genutzt werden, soll das 13 Hektar große ehemalige Natogelände in Xanten. Wo heute noch Bunker, Wachtürme und hohe Zäune stehen, möchten mehrere Landwirte ein Bioenergiezentrum bauen. Geplant ist u.a. eine Biogasanlage für die Stromgewinnung mit nachwachsenden Rohstoffen. Das Gelände wurde bis Anfang der 90er Jahre genutzt. Bürgermeister Christian Strunk: "Die Planungen für eine Umnutzung haben sich als sehr schwierig erwiesen. Viele Abstimmung mit unterschiedlichen Behörden sind da nötig. Vor 2008 ist sicherlich kein Baubeginn."

DUISBURG
20 Hektar Gelände im Süden der Stadt hat die britische Rhein-Armee Duisburg beim Abzug aus den "Glamorgan Barracks" im November 1992 hinterlassen. Angesiedelt wurde auf einer Teilfläche Gewerbe. Unter anderem bastelt die Deutsche Oper am Rhein in den dortigen Werkstätten an Bühnenbildern. Der Rest dient als Wohngebiet. 30 Mietwohnungen hat eine Genossenschaft auf dem Areal gebaut. Von den 77 Einfamilienhäusern, die die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag errichtet hat, sind erst 27 verkauft. "Es läuft befriedigend", räumt Gebag-Prokurist Manfred Klaaßen ein. "Das muss sich erst 'rumsprechen." Von der ehemaligen Kaserne ist nur das Casino übrig: Dort residieren jetzt andere Herren: Der Verband der Metallindustrie Ruhr-Niederrhein nutzt die Offiziersmesse als "Haus der Unternehmer".

WESEL
Gelohnt hat sich für den Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg die Investition in die Reitzenstein-Kaserne in Wesel. Auf dem lange brachliegenden Gelände sind 68 Eigentumswohnungen in den denkmalgeschützten Mannschaftsquartieren, 40 Einfamilienhäuser, ein Altenpflege- und ein Behindertenwohnheim entstanden. Innerhalb von nur einem Jahr gingen Wohnungen und Grundstücke weg wie warme Semmeln. "Genutzt hat uns insbesondere die Denkmalabschreibung", bilanziert Tecklenburgs Sprecher Stephan Dix. Weniger hilfreich seien dagegen einige Blüten-träume von Kommunalpolitikern und anfangs zu hohe Preisvorstellungen gewesen. Die ehemalige Reitzenstein-Kaserne (Foto: Kempken)