Logistik rettet den Strukturwandel

Längst wird am Niederrhein das meiste Geld mit der Organisation von Warenströmen verdient. Kohle und Stahl haben hingegen an Bedeutung verloren. IHK-Verkehrsexperte Werner Kühlkamp-Winkelmann ist auch für die Zukunft optimistisch: „Die Logistik-Region boomt.“

VON DIETER ACKERMANN

Duisburg Vom Stahlstandort zum Logistikzentrum - umfassender kann Strukturwandel kaum sein. Sicht- und fassbar wird er am Duisburger Logport: Wo 100 Jahre lang ein Krupp-Hüttenwerk stand, werden heute täglich Tausende von Containern verladen. Ein eigenes Hafenbecken, Containerterminal und verschiedene Bahnverladestationen wurden extra auf die Bedürfnisse logistikorientierter Unternehmen zugeschnitten.

Die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer, zu deren Bezirk die Stadt Duisburg sowie die Kreise Wesel und Kleve gehören, begleitet die Entwicklung seit Jahrzehnten. „Nachdem das Krupp-Stahlwerk im August 1993 schloss, übernahmen die Duisburger Häfen die Vermarktung dieser Industriebrachen. Von den 265 Hektar im linksrheinischen Logport I sind bereits etwa 85 Prozent verkauft“, erläutert Werner Kühlkamp-Winkelmann, Leiter der Abteilung Verkehr und Logistik bei der IHK.

Und die Stadt Duisburg will mehr: Weitere Flächen rund um den Hafen sollen in Kooperation mit anderen Standorten gewinnbringend bewirtschaftet werden. Im Fokus steht laut IHK insbesondere der Weseler Lippe-Mündungsraum mit rund 350 Hektar - unter anderem, weil er gut angebunden ist: Dort besteht ein direkter Schienenanschluss an die Betuwelinie sowie eine Verbindung zur Autobahn A3.

Die Duisburger waren außerdem bei einer europaweiten Ausschreibung bereit, für den Erwerb einer 49-prozentigen Beteiligung an den Krefelder Häfen viel Geld zu investieren. Kühlkamp: „Inzwischen liegt das Ganze auf Eis, die Krefelder wollen lieber mit den Häfen von Düsseldorf und Neuss handelseinig werden.“

Auch der Ausbau des Schienenverkehrs in der Region kommt laut dem Verkehrsspezialisten nicht richtig voran. Dafür sorgen Probleme des europäischen Zugleitsystems ebenso wie veraltete Technik. „Das wird auch für Laien deutlich, wenn sie auf elektrifizierten Gleisen Dieselloks schnaufen sehen.“

Dabei sei der Verkehr allein auf der Strecke zwischen Rotterdam und Wesel enorm gewachsen. Experten gingen bis 2015 von einer 120-prozentigen Belastung aus. Dringend nötig ist daher aus IHK-Sicht ein drittes Gleis von der Landesgrenze auf deutschem Boden - doch der erforderliche Lärmschutz für etwa 3,5 Milliarden Euro könne kaum finanziert werden. Positiver stellt sich die Reaktivierung des „Eisernen Rheins“ von Antwerpen bis Duisburg dar. Statt - wie erst geplant - die historische Trasse zu beleben, wird jetzt laut IHK auf deutschem Boden eine neue Trasse parallel zur Autobahn A52 favorisiert.

Für die Übergangszeit bis 2017 fordert die Kammer eine Zwei-Stufen-Lösung. Kühlkamp: „Wir drängen auf eine zeitweise Reaktivierung der alten Trasse.“

Auch beim Straßenbau muss noch einiges geschehen, damit neue Geschäftsfelder, insbesondere im Bereich Logistik, erschlossen werden können. Dazu sei eine neue Autobahnauffahrt an der A40 vor der Landesgrenze für Landgard in Straelen-Herongen unverzichtbar. Die Landgard eG ist Deutschlands führende Erzeuger- und Vermarktungsorganisation für Gartenbauprodukte. Ihr Umsatz beträgt rund eine Milliarde Euro. Eine ähnlich entlastende Wirkung, wie sie sich aus dem Bau der A 42 ergeben habe, erhofft sich Kühlkamp auch vom Ausbau der A 59 in Duisburg.

Neben Wasserweg (Rhein), Schiene und Straße ist der weitere Ausbau des Flughafens Weeze ein wichtiges Thema für die IHK. Bis Ende 2007 sollen hier bereits rund 700 Arbeitsplätze geschaffen werden. „Bei dieser Zukunftsplanung darf die Anbindung des Flughafens an den Agrobusiness-Bereich im Grenzland nicht vergessen werden“, erklärt IHK-Verkehrsexperte Kühlkamp. Schließlich würden beispielsweise die großen Blumenspediteure die von ihnen gecharterten Frachtflieger lieber im nahen Weeze als in Amsterdam entladen.

Alles in allem ist die Region Niederrhein aus Sicht der Kammer auf einem guten Weg - auch wenn an der für eine blühende Wirtschaft erforderlichen Infrastruktur noch gearbeitet werden müsse.

- /DIETER ACKERMANN

Quelle: Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH Publikation: Rheinische Post Kevelaer Ausgabe: Nr.281 Datum: Dienstag, den 04. Dezember 2007 Seite: Nr.45