Analyse: Ist der Niederrhein eine Touristenregion?

Viel Geld fließt in eine Marketingkampagne. Damit die Besucherzahlen weiter steigen.

Ganz wichtig für den Tourismus am Niederrhein: das große Radwegenetz.
Niederrhein. Lohnt sich Tourismus am Niederrhein? Diese Frage steht seit Jahren im Raum. Skeptiker betonen immer wieder, die Region sei doch kein Schwarzwald oder eine mecklenburgische Seenplatte. Doch spätestens seit Regierungspräsident Jürgen Büssow öffentlich erklärt hat, die Wachstumpotenziale des Niederrheins lägen im Tourismus, hat sich in der Region einiges verändert.

Gerade erst hat sich der Niederrhein auf der weltgrößten Reisemesse ITB in Berlin präsentiert – zwar nur als Teil des NRW-Standes, aber dennoch mit hohem Aufmerksamkeitswert. Als Gäste waren Bundeswirtschaftsminister Glos, Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit und NRW-Wirtschaftsministerin Thoben da.

Auf insgesamt 14Auftritte auf solchen Reisemessen kommt die Niederrhein-Tourismus GmbH mit Sitz in Viersen inzwischen pro Jahr. Ziel: „Wir müssen den Niederrhein als touristische Region bekannter machen“, sagt Geschäftsführer Rolf Adolphs.

Dazu gibt es einen neuen Film als DVD, Reisemobiltage, Anzeigenkampagnen. Der Erfolg gibt ihm Recht: Im vergangenen Jahr stiegen die Übernachtungszahlen um 3,2 Prozent an.

Und in den nächsten drei Jahren sollen sie dank einer intensiven Werbekampagne („Typisch Niederrhein“) um jährlich weitere zwei Prozent wachsen. Dafür sollen Projekte wie der Rheinradweg, grenzüberschreitende Draisinenfahrten oder Wallfahrtstouren sorgen.

Das alles kostet Geld. Doch seit die öffentliche Hand den Tourismus am Niederrhein als wichtiges Glied in der Wertschöpfungskette entdeckt hat, stimmen die Finanzen. Das Land NRW und die EU etwa fördern das Projekt 2-Land über fünf Jahre mit rund 3,5 Millionen Euro.

Die bei der Tourismus-GmbH angesiedelte Abteilung stellt buchbare Angebote beiderseits der Grenze zusammen. Beispiel: Sechs-Tage-Radtour „Auf den Spuren der Römer“ mit Gepäckservice von Hotel zu Hotel.
„Bei Gästebefragungen wurde uns immer wieder gesagt: Warum macht ihr so wenig Werbung?“ Rolf Adolphs, Niederrhein-Tourismus
Kompaktangebot mit einem Klick. Früher wurde auch schon für Radfahren am Niederrhein geworben, weil es da (angeblich) so schön flach ist. Der Unterschied:

Heute kann man Komplettpakete buchen, erhält Infos über weitere Sehenswürdigkeiten, und kann sicher sein, dass die Routen auch gepflegt werden. Wichtig auch: Mit dem Flughafen Weeze verfügt der Niederrhein jetzt über eine direkte Anlaufadresse für Gäste aus ganz Europa.

Aber auch die Gesellschafter der Niederrhein-Tourismus GmbH, die Stadt Krefeld und die Kreise Viersen, Kleve und Wesel, lassen sich ihre Initiative etwas kosten. 1,2 Millionen Euro stecken sie in den nächsten drei Jahren in die neue Marketing-Kampagne, die aus dem Niederrhein mehr als einen touristischen Geheimtipp machen soll.

„Bei Gästebefragungen wurde uns immer wieder gesagt: Der Niederrhein hat so viel zu bieten. Warum macht ihr so wenig Werbung?“, sagt Adolphs.
Aber für umfassende Werbung fehlte bisher das Geld. Das ist nun anders.

Das hängt auch damit zusammen, dass die Niederrhein-Tourismus GmbH einen neuen Zuschnitt erhalten hat. Denn nicht mehr alle Kommunen gehören der GmbH an; die Kreise Neuss und Heinsberg sowie die Städte Mönchengladbach und Duisburg sind außen vor.

Teilweise wurde ihnen der Betrieb zu teuer, teilweise wollten sie lieber eigenständig sein. Das ist für Adolphs zwar bedauerlich und nach innen kein gutes Zeichen, doch dafür sei die Zeit der Endlosdiskussionen ohne greifbare Ergebnisse vorbei. Und der Kunde bekomme davon gar nichts mit: „Den Schwarzwald kennt jeder, aber welche Gebietskörperschaften es da gibt, weiß keiner.“

Letztlich sollen die gesamten Investionen und Förderungen auch bares Geld
für die Region bringen. Laut Untersuchungen gibt ein Tagesgast 25 Euro, ein Übernachtungsgast 50 Euro in der Stadt aus, so Jürgen Jacobs vom Stadtmarketing Krefeld. Profitieren wird die Gastronomiebranche.

Auch wenn die die Chancen vielleicht noch gar nicht richtig erkannt hat. Andreas Höffken, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein: „Auch bei vielen Mitgliedsbetrieben müssen wir das Tourismusbewusstsein erst wecken.“
15.03.2008
Von Roland Busch